Jake Gyllenhaal spielt in dem Film „Nightcrawler“ einen Kameraman der sein Geld mit den Unglücken anderer verdiend. Auf der Jagd nach den besten Bildern überschreitet er mehrfach moralische und ethische Grenzen – zeigt der Film die Realität?
Als Blaulichtreporter (oder „Stringer“) war ich sehr neugierig wie der Film „Nightcrawler“ den Alltag eines solchen Photographen darstellt. Jake Gyllenhaal spielt in Nightcrawler Lou Bloom, der seine Leidenschaft darin findet von Unfällen, Bränden, Schießereien und Überfällen Aufnahmen zu erstellen und diese zu verkaufen. Auf seiner Jagt nach der großen Stroy stößt er an Ethische Grenzen und überschreitet diese im Verlauf des Films auch ohne Probleme.
Dies hier wird keine Filmkritik über die Schauspielkunst oder das Directing, sondern in wie weit der Film der Realität eines Blaulichtreporters entspricht. Natürlich darf man nicht vergessen, dass ich hierbei versuche einen Vergleich zu ziehen zwischen Nijmegen und der sehr viel größeren Stadt Los Angeles in den USA. Direkt vorweg: die Amerikanischen Nachrichten sind grundsätzlich viel Blutdurstiger als die Europäischen.
Wie nah darf man ran?
Lou’s Durchbruch der ihm die Aufmerksamkeit der Nachrichtensender bescherte, zeigte eine Aufnahme eines Opfers welcher gerade durch Rettungssanitäter wiederbelebt wird, nur wenige Momente nach einem tragischen Unfall. Lou erkämpft sich einen besseren Blickwinkel und bekommt eine Nahaufnahme dem Blutüberströmten Verkehrsopfer.
Kann das genauso passieren?
Wenn es zu einem Unfall kommt, sichert die Polizei den Unfallort mittels Absperrbändern ab. Somit kann man sich nur auf einige Meter dem Unfallort nähern. Meistens, mittels Presseausweis, kann ich etwas näher herantreten, aber es gibt immer noch Regeln die man beachten muss.
In dem Beispiel von oben platziert die Feuerwehr mehrere Sichtschutzpanele. Eine Nahaufnahme von einem Blutüberströmten Verkehrsopfer ist damit unmöglich; es ist unmöglich näher heranzutreten und ich werde es auch nicht tun.
– Wenn es zu einer Schießerei kommt, muss ich zunächst mit den jeweiligen Polizisten vor Ort abklären wo ich stehen darf um meine Photos zu schießen.
– Bei einem Brand komme ich gewöhnlich noch an während das Haus oder Auto noch brennt, gibt es eine wichtige Regel: stehe den Feuerwehrmännern nicht im Weg rum.
– Bei Autounfällen wird meist der Unfallhergang untersucht. Wenn man näher herantritt kann man dabei Spuren zerstören.
– Menschen die gerade dabei sind Selbstmord zu begehen: Hiervon habe ich nie Photos geschossen, die Kamera blieb in der Tasche. Ich gebe den Rettungsdiensten den Platz den sie brauchen und entferne mich vom Einsatzort.
Ein Autounfall bei „Weg door Jonkerbos“ in Nijmegen. Im Mercedes steckt ist noch eine Person festgeklemmt. Näher als das hier kann ich nicht ran, ich kann zwar meinen Zoom benutzen, aber ich darf nicht näher herantreten.
Die Polizei wird verweist einen des Ortes
Im Film konnte Lou Bloom sehr nah an die Opfer herantreten, und hatte genug Zeit bevor Polizisten ihn des Ortes verwiesen.
Die Realität: Wenn man zu nah herantritt wird man tatsächlich des Ortes verwiesen, jedoch viel früher als im Film. Die Definition von zu nah ist meist wenn man den Rettungskräften im Weg rumsteht.
Privatsphäre
Das Gesicht eines (Verkehrs-) Opfers zeigen? Ein absolutes No-Go! Die Privatsphären von allen am Unfall beteiligten Personen muss respektiert werden. Gesichter (auch Tattoos) müssen unkenntlich gemacht werden genauso wie Autokennzeichen oder Internetadressen auf Autos. Man muss sich nur einmal vorstellen wie man sich selbst fühlen würde, wenn man über die Medien oder über Facebook erfährt, dass dein Freund/Freundin in einem Unfall ums Leben gekommen ist? Noch bevor die Polizei die Chance hatte dich gesondert zu informieren?
Selbst wenn ich versuchen würde eine Nahaufnahme zu bekommen, so wie es Lou in Nightcrawler tat, wäre das gar nicht möglich – die Polizei würde mich des Platzes verweisen und bei meiner Redaktion anrufen
Den Unfallort intakt lassen
Um eine bessere Komposition zu bekommen bewegt Lou Bloom im Film einige Leichen um sie besser ins Bild zu bekommen. Das Ergebnis ist ein perfektes Bild, aber ist es Ethisch vertretbar?
Während des gesamten Filmes konnte ich nur eins sagen: Fass. Nichts. An. Gar Nichts. In ein Haus hineingehen wo gerade eine Familie erschossen wurde, noch bevor die Polizei ankommt? Ich würde es nicht mal in Erwägung ziehen.
„Schockierende Bilder“
Ein Satz den man öfter hört, dann sieht man im Fernsehen allerlei Blutüberströmte Menschen. Hier in Europa würde man eine verwackelte Aufnahme sehen von einem Täter der seine Pistole zeigt.
Nightcrawler zeigt hierbei eine „Realität“ die hier in Nijmegen völlig unmöglich ist.