Manchmal muss man nur ein paar Schritte mehr gehen um einen besseren Blickwinkel zu bekommen – oder mit dem Flugzeug 850 km fliegen! Diesesmal habe ich in und um Partizánske, einem kleinen Dorf im Herzen der Slowakei, einen neuen Zeitraffer Film gedreht – mit den schönsten Landschaftsaufnahmen.
Partizánske und Landschaften der Slowakei – Ein Zeitraffer Film
Geschossene Photos: 7263
Echtzeit: 24h 38min, gezeigt in 4min
Upload und Rendering: 4096 x 2304 – Full 4K (Mastermaterial 7K)
Bildrate: 24
Bitrate: 127 Mbps
Benutztes equipment:
Sony Alpha 7 R Mark I
Sony Alpha 7 Mark II
– Zeiss 24-70mm f4.0
Sony Alpha 6300
– Sony 16-50mm f3.5-f5.6
Samsung NX30
– 18-55mm f3.5-5.6
Digislider (in einer Tasche für Angelruten transportiert)
3 verschiedene stative
LRTimelapse
Adobe Lightroom 6
Adobe After Effects
Adobe Premiere Pro
MS Excel (Bildraten und Slider Berechnungen)
…und enorm viel Zeit!
Photos von allen Szenen sind auf meinem Flickr Account (neuer Tab). Dort kann man diese in hoher Auflösung herunterladen.
Warum Partizánske?
Es ist das Heimatdorf meiner Freundin und dieses Jahr feiern die Dorfbewohner das 80-Jährige bestehen ihres Ortes. Daher haben wir beide entschieden das wir hier einen Zeitraffer Film drehen um die schön(st)en Plätze und Landschaften zu zeigen.
In den zwei Wochen die wir in und um Partizánske herum verbrachten, waren wir an vielen Orten, einige davon hat auch meine Freundin nicht vorher gesehen. Wenn ich zum Beispiel einen Berg oder eine Ruine sah fragte ich nur: Wie kommt man da hoch?
Leider war unsere Zeit recht knapp bemessen und wir konnten nur eine beschränkte Anzahl an Locations besuchen. Normalerweise dauern die Aufnahmen für einen Zeitraffer Monate, hier aber hatten wir weniger als 14 Tage. Somit verlief nur wenig nach Plan (Wetterabhängig!). Insgesamt haben wir etwas mehr als 40 verschiedene Zeitraffer gedreht, 33 haben es in den finalen Film geschafft.
Das Wetter
Es war perfekt, mit nur einem Regentag. Auch diesen haben wir genutzt für die gewaltigen Wolkenmassen über dem Korn- und Rapsfeld. Dennoch haben wir das Wetter regelmäßig verflucht: Slowakische Sommer sind sehr heiß und sehr sonnig (bei den Steinbrüchen habe ich mir den schlimmsten Sonnenbrand, den ich je hatte, geholt) mit nur teilweise wenig Wolken. Ein Wolkenloser Himmel sind für Zeitraffer Aufnahmen das schlimmste, besonders dann, wenn man Gebäude aufnimmt die sich ja bekanntlich nicht bewegen. Gerade dann ist eine schöne Wolkenbewegung absolut essentiell. Häufig haben wir auch viel Zeit damit verbracht die Wolken zu beobachten und den Drang gehabt die eine oder andere Wolke zu verschieben oder zu vergrößern – nur damit sie in den Linsenausschnitt in die Kamera kommen.
Normalerweise bewegen sich die Wolken Zuhause in Düsseldorf oder Nijmegen sehr schnell, oft muss ich einen Intervall von 1-4 Sekunden nehmen. Hier in Partizánske blieben die Wolken häufig an Ort und Stelle kleben, hier habe ich einen Intervall von 10, manchmal auch 12 Sekunden genommen. Eine Menge Formverändernder Wolken – Ich liebte sie.
Auch hier habe mich meine Lieblingswetterseite für die Wetterprognose verwendet: kachelmann.de. Dort habe ich das Wettermodell „German MOS“ verwendet, es lieferte von allen die genaueste Vorhersage für den Ort. Zur besseren Planung muss ich genau wissen wie viele Wolken pro Schicht es gibt und für wie lange.
Ausrüstung
Wie bei meinem letzten Zeitraffer Film in Nijmegen habe ich auch hier meine motorisierten Slider mitgenommen. Mit einer Länge von 1,10m passt es leider nicht in einen gewöhnlichen Koffer, daher haben wir es per Post geschickt. Das hat deutlich weniger gekostet, denn als „Sperrgepäck“ wäre es in eine Preiskategorie (Ski Ausrüstung?) zwischen 60 und 100€ gefallen. Mit der Post eine Woche im Voraus hat es nur 17€ gekostet.
Mit meiner Kamera hatte ich weniger Glück. Meine Sony Alpha 7II war defekt, der Monitor blieb hinten schwarz. Ich hatte es in die Reparatur gegeben, zugegeben 5 Wochen vor Abflug ist jetzt tatsächlich etwas knäpplich, aber es sollte zwischen 2-3 Wochen dauern, maximal 4 Wochen. Man kann es erraten: Die Kamera war natürlich nicht zeitig fertig.
Glücklicherweise konnte ich eine andere Kamera ausleihen, die Sony Alpha 7 R Mark I – das Original der high-pixel Reihe von Sony. Kein schnelles Phasen-Detektionssystem, aber bei Zeitraffern arbeite ich sowieso mit manuellem Fokus, von daher spielte das keine Rolle. Ich war nur froh, dass ich eine Kamera hatte die mit meinem Slider kompatibel war.
Oh und die Reparatur dauerte 9 Wochen.
Technologie
Das hat uns viele graue Haare beschert wie manchmal die unkooperativen Wolken. Wir haben einmal einen ganzen Nachmittag verloren. Wir haben einmal nicht gemerkt, dass die Kamera keine Photos wegen eines Kartenfehlers mehr schoss. Und als wir die Szene erneut schießen wollten, waren die Wolken weg und die Landschaftsaufnahme futsch.
An einem anderen Abend haben die Batterien des Sliders den Geist aufgegeben, und wir mussten den Felsvorsprung auf einem Berg erneut besteigen. Meine Freundin war sehr glücklich darüber wieder im stockfinsteren einen sehr steilen Hügel erneut zu besteigen.
Ebenfalls ärgerlich war der Verlust von 4 Zeitrafferszenen während des Transfers von der SD-Karte auf dem Rechner. Wir haben die Szenen erneut drehen müssen und hatten leider, trotz mehrmaliger Versuche, nicht mehr dieselben guten Bedingungen.
Produktion
Alle Aufnahmen die wir gemacht haben, haben wir als Photos geschossen. Wir haben keine Filmaufnahmen gemacht. Ein externer Intervallometer, verbunden mit der Kamera, hat dafür gesorgt, dass die Kamera in einem festen Intervall alle paar Sekunden ein Photo schießt. Das Intervall für einen Sonnenuntergang liegt zum Beispiel bei 35 Sekunden, in der Stadt mit Menschen bei 1,2 Sekunden. In der dunkelsten Nacht kann man nur mit Photos Gebäude einige Sekunden lang belichten, um sie kristallklar und ohne Rauschen, hell darzustellen. Ebenfalls praktisch: die hohe Auflösung der Photos, die Sony A7R schießt mit 36 megapixels, das sind 7K! Die Aufnahmen gewinnen dadurch an Schärfe.
Diese Photos werden zu einem kurzen Clip zusammengesetzt. Eine typische Zeitraffer Szene dauert etwa 8 Sekunden, abgespielt mit einer Bildrate von 24, muss man also pro Szene mindestens 192 Photos schießen. Alle Photos werden in RAW geschossen, bei einem Interval von einer Sekunde braucht man eine High-Speed SD-Karte, denn pro Sekunde werden 35-40 Megabyte gespeichert. Eine Zeitrafferszene braucht etwa 10-14GB an Platz. Wir haben mehr als 40 Szenen geschossen, mit verschiedenen Nachbearbeitungen benötigt der Partzánske Zeitraffer auf der Festplatte etwa 740GB.
Die Kamera selbst bewegt sich auf einem motion-controlled-slider. Das Bedeutet die Kamera bewegt sich nur wenige millimeter, stoppt, schießt ein Photo, sobald die Kamera fertig ist (lange Belichtung), bewegt sich die Kamera weiter.
.
Leute
Wir hatten keine negativen Begegnungen mit den Leuten. Ein paar sind stehen geblieben und haben gefragt was wir so tun, als wir darüber erzählt haben wurden sie doch recht neugierig. Man fällt auf wenn man da mit einer 1meter langen Schiene steht.
Häufig hatten wir aber auf den Plätzen zu wenig Menschen. Es ist ein kleines Dorf und manchmal zu ruhig. Wir haben die Szenen die wir am Marktplatz drehen wollten auf die Mittagzeit und auf Wochenende angesetzt, in der Hoffnung, dass wir dort mehr Menschen antreffen. In einem Zeitraffer habe ich mich selbst ins Bild gesetzt damit es lebendiger wird.
Zeit
Für das ständige auf und ab mit Kamera und Slider haben wir uns für die Zeit ein Auto gemietet, und es hat uns einiges an Zeit erspart. Zwei Wochen haben gerade noch ausgereicht. Wir hätten gerne mehr Zeit gehabt um noch ein paar mehr Orte zu besuchen oder etwas mehr Zeit für uns zu haben. Dennoch habe ich das Gefühl, dass wir, hätten wir etwas mehr Zeit gehabt, trotzdem einiges noch auf dem „letzten Drücker“ erledigt hätten.
Locations:
Normalerweise scouten wir immer im die Locations bevor ich einen Zeitraffer drehe. Das ist notwendig denn manchmal übersieht man Dinge, wie etwa eine Straßenlaterne die am Abend angeht und dann direkt in die Kamera scheint. Aus Zeitnot war das häufig nicht möglich und somit mussten wir häufig vor Ort improvisieren und haben teils lange nach dem perfekten Winkel gesucht. Denn auf der Schiene ändert sich natürlich die Komposition, das Bild muss auch nach 1meter Bewegung noch stimmen
Manche Stellen haben wir gefunden während wir gerade im Auto saßen und dran vorbeifuhren, das Schattenspiel auf den Maisfeldern haben wir so auf diese Weise gefunden.
Während dieses Projektes haben wir einen neuen Tagesrekord aufgestellt: 8 Zeitraffer an einem Tag
Alles in allem, trotz der teilweise widrigen Umstände hat es uns sehr viel Spaß gemacht. Die Slowakei hat sehr viele schöne Orte und Landschaften – zwei Wochen reichen nicht aus um sie alle zu sehen. Ich komme aus einer Großstadt in einem flachen Land, nun habe ich Hügel und Berge gesehen sowie zahlreiche Dörfer und Flüsse in den Tälern. Wir haben mehr Sterne gesehen als in den dunkelsten Ecken Zuhause.
Wir wurden oft gefragt warum wir nicht das Einkaufszentrum dort oder da besuchen wollen. Wir haben gesagt, dass wir Einkaufszentren auch Zuhause haben, aber keine so schöne Landschaft. Die Leute in der Slowakei sind mit dieser Landschaft aufgewachsen, für die ist eine langweilige Aussicht.
Nicht aber für uns als Photographen.
Lizensierung von Zeitraffer Szenen? Oder einfach nur eine Frage stellen?
timelapse<at>john-beckmann.de (Englisch, Niederländisch, Deutsch)
slovensko<at>john-beckmann.de (Slowakisch)
Wir haben den Zeitraffer auch Freunden von uns gezeigt. Die beste Reaktion die wir bekommen haben?
„Zu schade, dass ihr so viele Wolken hattet“